Maslows Bedürfnishierarchie
Ein Besucher erarbeitet sich eine Web-Seite, weil Motive ihn handeln lassen.
Welche seiner Motive sind wie wichtig?
Ein Beispiel
Ich habe es selbst erlebt:
Ein Versandbuchhändler bietet auf seiner Website eine CD ROM mit
einem Verzeichnis seiner lieferbaren Bücher - kostenlos.
Ich will diese CD ROM, denn ich will zu den Menschen gehören, die
wissen, was es auf dem Buchmarkt gibt (ein soziales Bedürfnis),
außerdem finde ich Daten auf elektronischen Trägern "cool"
(Prestigebedürfnis) - und online-Buchkauf ist bequem (mein
Bedürfnis nach Bequemlichkeit).
Ich fülle also das Formular zur Bestellung aus (Name, Anschrift,
...). Ganz am Ende muss ich wählen, ob ich mit Kreditkarte, per
Nachnahme oder auf Rechnung bestellen will. Es besteht keine Option
für "kostenlos". "He he, moment mal ...", sagt da meine innere Stimme
(... hier wird mein Sicherheitsbedürfnis angesprochen und mir
vergeht ganz plötzlich die Lust, weiterzumachen ...) "Die wollen
mich vera***!"... Ich breche die Aktion verärgert ab.
Meine höheren Bedürfnisse sind plötzlich völlig unwichtig.
Der Buchhändler hatte es gut gemeint, aber nicht erklärt: "Einfach
[Rechnung] anklicken, die wird dann auch mit der CD ROM geliefert.
Da steht [null DM] drauf."
Wie sie sehen,
wirkt hier das (niedere) Sicherheitsbedürfnis und zerstört regelrecht die
anderen Handlungsmotive. Am Ende ist ein Besucher sogar verärgert.
Es reicht eine kleine Veränderung am Bestellformular - eine Zeile Quellcode,
z. B.
eine Option für "kostenlos" - und schon wäre das Problem gelöst.
Ein wenig Theorie
Wie die menschlichen Bedürfnisse untereinander zusammenhängen,
ist eine wichtiges Thema der Motivationspsychologie.
Ein bekannter motivationspsychologischer Ansatz stammt von
Maslow
(Maslow, Abraham H.: Motivation and Personality.
New York: 1954). Seine Sichtweise: Bestimmte Bedürfnisse entstehen erst
dann, wenn andere befriedigt sind.
Wenn beispielsweise das elementare Bedürfnis nach Sicherheit nicht befriedigt wird,
werden andere Bedürfnisse plötzlich unwichtig.
Die Werbung greift schon lange auf diese Erkenntnisse zurück.
"Höhere" Bedürfnisse entstehen erst dann, wenn "niedere"
befriedigt sind.:
(Lesen Sie bitte von unten nach oben, ausnahmsweise ;-)
höhere Bedürfnisse
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Selbstverwirklichung
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Ich will meine Potentiale ausschöpfen, Sinn stiften, eine Identität sein, im Einklang mit dem Kosmos sein
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Kognitive und ästhetische Bedürfnisse
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Ich will wissen, verstehen, Neues kennen lernen, Ordnung, Schönheit
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Prestige- und Selbstwert- Bedürfnisse
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Ich will wertgeschätzt werden, eine Rolle in der Gruppe einnehmen, kompetent sein
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Soziale Bedürfnisse
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Ich will einer Gruppe angehören, verbunden sein mit anderen, zugehörig sein
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Sicherheits- Bedürfnisse
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Ich will Sicherheit,
Behaglichkeit, Ruhe, Angstfreiheit, Vorhersagbarkeit
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Grundbedürfnisse
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Ich will überleben (Hunger und Durst, Atmen, Sexualität, Schlaf und Entspannung, ...)
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niedere Bedürfnisse
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Eine Merk-Geschichte
Eine Geschichte macht die Bedürfnisshierarchie nach Maslow besser merkbar. Wirklich gemerkt werden können Informationen nur, wenn sie prägnant sind und Aufmerksamkeit erregen, wenn man sie mit bekannten Dingen verknüpfen kann, sie also assoziiert werden (Siehe:
Gedächtnispsychologie).
Stellen Sie sich Robinson Crusoe vor, der gerade auf der einsamen Insel gestrandet ist. Was wird er wohl tun?
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Zunächst wird er versuchen, sein nacktes Überleben zu sichern, also Essen und frisches Wasser zu suchen, damit er wieder zu Kräften kommt. Wenn er erschöpft ist, wird er eine Weile schlafen.
(Grundbedürfnisse)
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Dann überlegt er sich, ob es auf der Insel wilde Tiere gibt. Und was ist, wenn das Wetter mal schlecht wird und es zu Stürmen kommt? Also versucht Robinson Crusoe, sich eine kleine Hütte zu bauen.
(Sicherheitsbedürfnisse)
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Als das alles geklärt ist, beginnt Robinson Crusoe sich zu langweilen. Er führt Selbstgespräche und ist erfreut, als er einen Gefährten - Freitag - trifft.
(soziale Bedürfnisse)
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Zu Beginn läuft auch alles gut zwischen beiden, aber dann möchte Robinson sich doch etwas von Freitag abheben und diesem zeigen, dass er ihm überlegen ist. Insgeheim freut Robinson sich riesig über die großen Augen von Freitag, als dieser ihm beim Schnitzen (beob-) achtet.
(Bedürfnisse nach Prestige und Anerkennung)
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Im Laufe der Zeit sieht Robinson seine Lage ein und freundet sich mit dem Gedanken an, für immer auf der Insel zu bleiben. Er liest die Bucher, die an seiner Bucht stranden. Er erlernt Fertigkeiten von Freitag. Er baut sein Haus aus, schmückt es, legt einen Nutzgarten und ein Blumenbeet an.
(Kognitive und ästhetische Bedürfnisse)
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Als alles geschafft ist, sitzt er den Großteil des Tages am Strand, philosophiert über den Sinn des Lebens und bemüht sich, ein noch besserer Mensch zu werden.
(Bedürfnis nach Selbstverwirklichung)
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