Plattform-Unabhängigkeit
Der am schlechtesten ausgestattete Benutzer gibt die Richtschnur vor
HTML ist die "Programmier"-Sprache der Internetseiten. Betreiber
exzellenter Websites verstehen und akzeptieren die Einsatzgebiete
und Grenzen von HTML-Seiten - und nutzen sie angemessen. Statt
alles zu tun, was technisch möglich ist, beschränken
sie sich auf Sinnvolles.
Das Wesen von HTML
Die Idee von HTML ist folgende: Unabhängig davon, mit welchem
Computer, mit welchem Betriebssystem, Bildschirm etc. gearbeitet
wird: Text soll strukturiert dargestellt werden können. Das
einzige, was dazu an Software benötigt wird, ist ein
Betrachter, ein Browser. Diese Plattformunabhängigkeit hat
das Internet groß gemacht: Dateien mit anderen teilen zu
können, unabhängig davon, ob ich mit UNIX, Windows, DOS,
OS 2, Mac etc. arbeite, unabhängig davon, ob ich einen kleinen
oder großen, farbigen oder Graustufen-Monitor benutze,
unabhängig davon, ob ich die Software von Firma X oder Y besitze,
unabhängig davon, ob der Rechner ein Pentium I oder ein
Pentium IV ist, etc. Alles was ich brauche, ist ein Zugang zum
Internet und einen Browser, von welcher Coleur auch immer.
Der Benutzer entscheidet über das Aussehen
Nicht der Grafikdesigner, sondern der Nutzer entscheidet in letzter
Instanz über das Aussehen der Website. Die User haben es
weitgehend selbst in der Hand, das Aussehen der Website zu bestimmen
- durch Wahl des Browsers, der Monitoreinstellung, durch den Einsatz
von Werbefiltern, Wahl bzw. Abwahl von Features (Flash, JavaScript, Java, Bilder, etc.).
Wenn die Website dann nicht funktioniert, geht der Besucher weg.
Voraussetzung für die Plattformunabhängigkeit ist, dass
sich die Autoren von HTML-Seiten auf einen kleinsten gemeinsamen
Nenner einigen. Unter diesem kleinsten gemeinsamen Nenner sollte
das Wesentliche der Informationen enthalten sein: Um welchen Text
es sich handelt, welche logische Ebene die Überschrift hat,
welche Textteile hervorgehoben, gelistet, etc. sind.
In welcher Farbe diese oder jene Überschrift, in welcher
Schriftgröße, Schriftart etc. der Inhalt angezeigt wird,
ist dem Browser oder dem Benutzer überlassen – so, wie es
unter den gegebenen Umständen (Hard- und Software,
persönliche Präferenzen, etc.) sinnvoll ist.
Barrierefreies Webdesign
Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als 20% der Internet-User
in irgendeiner Form eingeschränkt sind, 8% sind behindert. Beispiele:
Sehschwäche, Farbenblindheit, Blindheit,
motorische Einschränkungen, die die Bedienung einer Maus nicht zulassen, Epilepsie, etc.
Wir werden auch alle älter und damit steigt die Wahrscheinlichkeit,
dass es jeden treffen kann.
Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, die Mitmenschen
nicht zu behindern oder zu
diskriminieren. Die Technik bietet viele Möglichkeiten, die Barrieren sind hausgemacht
- von Webdesignern, die sich des Problems nicht bewusst sind oder dieses Problem zugunsten der
Ästhetik ignorieren.
Dabei ist jede aufgehobene Barriere nicht nur den Betroffenen eine Hilfe, sondern auch
den Autoren. Wenn ein Blinder die Webseite "lesen" kann, kann es auch eine Suchmaschine.
Weniger ist mehr
Es gibt eine Ausstattung, die die Mehrheit der Internet-Nutzer hat.
Vor einigen Jahren war das ein 14-Zoll-Monitor und Netscape,
Version 3x, heute ist es ein 17 Zoll-Monitor und Internet-Explorer
5x oder 6. Allerdings ist es ein Irrtum, zu glauben, die Standards
von damals (vor gerade einmal 3-4 Jahren) seien heutzutage zu
vernachlässigen.
Viele Entscheidungsträger nutzen immer noch die alte Software und ihren alten Computer
- er hat schließlich immer gute Dienst geleistet. Die neuesten Browser, Monitorauflösung oder
anderer technischer Schnickschnack interessiert sie nicht. Das interessiert nur
Webdesigner.
Die Zukunft, die schon begonnen hat, ist mobiles Internet. Da ich
weder meinen 17-Zoll Monitor noch mein Laptop in die Hosentasche bekomme, kann ich
sinnvoll nur einen Handheld-Computer und ein Handy als Modem
benutzen (das beult nicht so aus :-).
Damit bin ich unter den Standards von "damals". Nehmen wir als
Beispiel einen Handheld, ein aktuelles Modell, oberes
Preissegment, nicht gerade ein billiges Spielzeug:
-
Bildschirmauflösung 480 Pixel breit (das entspricht einem alten
14-Zoll-Monitor, für Handhelds das größte, was zu kriegen ist,
der Marktführer hat eine kleinere Bildschirmbreite – 240 Pixel).
-
Farben: 16 Graustufen (Farb-LCDs verbrauchen nun mal sehr viel Strom)
-
Ein Browser ist dabei, im Kaufpreis enthalten.
-
Verbindung zum Handy als Modem via Infrarot, zwar (noch) sehr sehr
langsam in der Übertragungsrate, aber immerhin ....
Die Anforderungen des kleinsten gemeinsamen Nenners sind also
erfüllt. Surfen macht aber keinen Spaß, oft genug ist
es unmöglich – nicht, weil der kleine Handheld schlecht ist,
sondern weil die meisten Autoren fahrlässig diesen kleinsten
gemeinsamen Nenner ignorieren – ganz abgesehen von den Ladezeiten.
Nur Ausnahmen bestätigen die Regel
Es gibt natürlich gute Gründe, diesen kleinsten
gemeinsamen Nenner zu verlassen:
-
Wenn ich mir Kunst im Web anschauen will, kann ich mit langen
Ladezeiten für große, qualitativ hochwertige Grafiken
leben und werde mich hüten, dazu einen Graustufenmonitor zu
benutzen
-
Wenn ich etwas über JavaScript lernen will, muss ich JavaScript
auch aktivieren
-
Wenn ich visuell und akustisch unterhalten werden will, installiere
ich auch ein Flash-Plug-inn, falls erforderlich, etc.
Gute Gründe gibt es aber nur in wenigen Fällen. Folgendes
ist nicht nur überflüssig, sondern u.U. sogar
geschäftsschädigend:
-
Warum soll ich ein Hemd nur dann kaufen im Internet können, wenn ich
eine Bildschirmauflösung von 1024 x 768 Pixel habe?
-
Warum soll ich auf das aktuelle Kinoprogramm verzichten müssen,
nur weil die Navigation über JavaScript funktioniert und mein
Handheld das nicht kann?
-
Warum soll ich (... schon wieder!) ein minutenlanges Flash-Intro
über mich ergehen lassen, nur um eine Telefonnummer einer
Abteilung ermitteln zu können (es gibt ja schließlich
noch die Konkurrenz)?
Nicht alles, was technisch möglich ist, ist sinnvoll und
erleichtert die Benutzbarkeit. Wenn Sie also den kleinsten
gemeinsamen Nenner verlassen, dann sollten Sie dafür
einen guten, schlüssigen Grund haben – sonst verlieren Sie
manchen Ihrer Kunden. "Sieht besser aus" würde ich als
zwingenden Grund nicht gelten lassen. Keine Verschönerung
darf die allgemeine Benutzbarkeit verhindern oder einschränken.
Jede Website sollte auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners
wenigstens grundsätzlich funktionieren - unabhängig von
Browser, Bildschirmauflösung, etc.
|
|
|